Franz Xaver Glasschröder: Vor 150 Jahren: Geburt des Geheimen Archivrats und Kirchenhistorikers Franz Xaver Glasschröder

Veröffentlicht am 10. Januar 2014
Franz Xaver Glasschröder (Mitt.HVPfalz 47/1927, S. 177)

Franz Xaver Glasschröder wurde am 29. September 1864 in Altnußberg im Bayerischen Wald geboren und stammte somit aus dem bayerischen „Kernland“. Wenn auch kein gebürtiger Pfälzer, hat er sich doch durch seine Tätigkeit im damaligen Kreisarchiv Speyer und zahlreiche Publikationen um die Kirchengeschichte unserer Region mehr als verdient gemacht. Er besitzt für diesen Themenbereich unter Experten eine vergleichbare Reputation wie sein vor ihm wirkender Namensvetter, der Pionier der pfälzischen Klosterforschung, Franz Xaver Remling.

Nach der Gymnasialzeit in der Benediktinerabtei Metten (1875 – 1883) zog es Glasschröder zunächst zum Studium an die Universitäten Innsbruck und München. An Letzterer schloss er im März 1888 unter der Ägide von Professor Hermann Grauert seine Dissertation zum Doktor der Philosophie ab. Glasschröders Karriere nahm schnell Fahrt auf. Kurz nach der Promotion erhielt er einen Praktikumsplatz beim Königlich Bayerischen Allgemeinen Reichsarchiv, im Anschluss nutzte er die Chance ins Ausland zu gehen. Die Görres-Gesellschaft, welche ihn als Stipendiaten angenommen hatte, baute ein neues historisches Institut in Rom auf, was Glasschröder 1889 zu einem halbjährigen Studienaufenthalt in der Ewigen Stadt veranlasste. Dabei erteilte man dem Fünfundzwanzigjährigen eine Arbeitserlaubnis für das Vatikanische Archiv. Die für die pfälzische Historiographie relevante Phase seines Wirkens begann 1891 als er – nach bestandener Archivprüfung – im Juli den Posten als Sekretär des Kreisarchivs Speyer antrat. Hier assistierte er seinem Mentor, Archivdirektor Johannes Mayerhofer, bei der Herkulesaufgabe, die Speyrer Urkundenbestände neu zu repertorisieren. Betroffen waren davon bis zu 10000 Urkunden bspw. des Hoch- und Domstifts Speyer und seiner Kollegiatsstifte (u.a. das Kloster Ramsen), aber auch des Wormser Domstifts. Nach dem Tod Mayerhofers 1900 beerbte ihn sein Schüler auf dem Speyerer Direktorenposten.

Glasschröders Aufenthalt in der Pfalz währte jedoch nicht lange. Schon 1902, noch bevor das Kreisarchiv in seinen begonnenen Neubau umgezogen war, erreichte ihn ein Angebot aus München, am Allgemeinen Reichsarchiv als Assessor tätig zu werden. Er sagte umgehend zu. Allerdings blieben auch in der bayerischen Hauptstadt die pfalzgeschichtlichen Referate weiterhin einer seiner Aufgabenbereiche wie darüber hinaus die Leitung des Siegelkabinetts, die Betreuung der bayerischen Adelsmatrikel und die Administration der Reichsheroldsregistratur. 1904 erfolgte die Beförderung zum Reichsarchivrat, 1917 die zum Geheimen Archivrat und schließlich 1921 – als Höhepunkt seiner Laufbahn – die Ernennung zum Direktor sämtlicher bayerischer Staatsarchive. Ebenso kümmerte sich unser Protagonist als Dozent der Münchner Archivschule um die Ausbildung professionellen Nachwuchses.

Diese beeindruckende Karriere macht zwar deutlich, dass Glasschröder sich beruflich in erster Linie als Archivar definiert haben dürfte. Sie soll jedoch nicht den Blick darauf verstellen, dass er – als aktives Mitglied des Historischen Vereins der Pfalz – seine primären Quellenkenntnisse produktiv ummünzte, indem er eine beachtliche Anzahl historischer Werke verfasste. Vor allem im Bereich der Quellenedition bzw. Regestierung von Urkunden erwarb er sich bald einen Namen. Zu seinen prominentesten Veröffentlichungen, die noch heute Standardwerke sind,  zählen die „Urkunden zur Pfälzischen Kirchengeschichte im Mittelalter“ (1903) und deren Nachfolgeband „Neue Urkunden zur Pfälzischen Kirchengeschichte im Mittelalter“ (1930). In ihnen trug Glasschröder eine Unzahl von Dokumenten aus praktisch allen pfälzische Bestände verwahrenden Archiven Südwestdeutschlands zusammen (neben Speyer u.a. Koblenz, Karlsruhe, Würzburg, Heidelberg und Wiesbaden), darüber hinaus auch Urkunden aus dem Staatsarchiv Luzern, der Pariser Nationalbibliothek und diversen Privatarchiven deutscher Adelsfamilien. Das von dem Speyrer Bischof Konrad von Busch begonnene, doch nach dessen Tod Fragment gebliebene Werk „Chorregel und jüngeres Seelbuch des alten Speierer Domkapitels“ – ein Verzeichnis aller jährlich zu gedenkenden Spender und Unterstützer des Domkapitels – vollendete Glasschröder in den Jahren 1923 bis 1925. Der erste der beiden Bände bildete 1923 den Auftakt zur Reihe „Veröffentlichungen des Historischen Museums der Pfalz e.V. (Historischen Vereins der Pfalz)“.

Weiterhin verfasste er eine große Zahl von Zeitschriftenaufsätzen, von denen hier nur einige wenige erwähnt seien: so z.B. „Die Weistümer der Rheinpfalz“, gemeinsam mit Mayerhofer (in: Mitteilungen d. Hist. Vereins d. Pfalz. Bd. 16, 1892, S. VII – XXIII, 1 – 121), „Die Speierer Bistumsmatrikel des Bischofs Mathias Ramsung mit einer Diözesankarte des Bistums Speier am Ende des Mittelalters“ (ebd. Bd. 28, 1907, S. 75 – 126), „Die Pfründen liberae collationis des Speierer Bischofs im Mittelalter“ (in: Freiburger Diözesanarchiv. Bd. 48, 1920, S. 155 – 168), „Zur Quellenkunde der Papstgeschichte des 14. Jahrhunderts“ (in: Hist. Jahrbuch d. Görres-Gesellschaft. Bd. 11, 1890, S. 240 – 266), „Eine Sammlung kirchlicher Aktenstücke aus dem 15. und 16. Jahrhundert“ (ebd. Bd. 28, 1907, S. 341 – 351) und schließlich „Das Archidiakonat in der Diözese Speier während des Mittelalters“ (in: Archivalische Zeitschrift. N.F. Bd. 10, 1902, S. 114 – 154).

Von der umfassenden, schon zu dessen Lebzeiten anerkannten Gelehrsamkeit des Geheimen Archivrats profitierten sowohl seine Fachkollegen als auch ungezählte Laien. Er war wegen seines Engagements und seiner Hilfsbereitschaft allgemein beliebt. Franz Xaver Glasschröder starb am 26. Oktober 1933 im Alter von 69 Jahren in München.

Christian Decker


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