Die Migrationskartei des IPGV

Anfänge in der NS-Zeit

Analog zur Geschichte des Instituts reichen auch die Ursprünge der Migrationskartei bis in die Zeit des Nationalsozialismus zurück. Ganz der NS-Rassenideologie verpflichtet war es die Aufgabe der 1936 gegründeten „Mittelstelle Saarpfalz – Landsleute drinnen und draußen“, die „Sippen- und Auswanderergeschichte“ zu untersuchen und eine Forschungs- und Dokumentationsstelle für die pfälzische Migrationsgenealogie zu installieren. In diesem Zusammenhang wurden die Namen ausgewanderter Pfälzer erfasst: Bis 1940 waren es bereits um die 100.000 Wanderungsbewegungen, die ihren Eingang auf namentlich sortierten Karteikarten gefunden hatten.

Während des Krieges wurde die Arbeit der Mittelstelle eingestellt und die Einrichtung nach Kriegsende von den US-Behörden gänzlich geschlossen. Die Arbeit an der Kartei wurde allerdings – wie so häufig in der jungen Bundesrepublik – mit großer personeller und aus heutiger Sicht oftmals verwundernder Kontinuität wieder aufgenommen: Leiter der neuen, nun als „Heimatstelle Pfalz“ firmierenden Institution wurde der aus der Kriegsgefangenschaft zurückgekehrte vorherige Leiter der „Mittelstelle“ Fritz Braun. Er baute den Karteikartenbestand der Wanderungsbewegungen, der während des Krieges erhebliche Verluste erlitten hatte, in der Nachkriegszeit sukzessive weiter aus.

Konzept zur Digitalisierung der Migrationskartei, das vor 1991 erstellt wurde. (Bild: IPGV)

Modernisierung und erste Digitalisierungsversuche

Diese Erweiterung wurde unter personell wie inhaltlicher Modernisierung in der nachfolgenden Zeit stets weitergeführt. Besonders auf Grundlage unterschiedlichster Quellen wie Schiffs- bzw. Auswandererlisten sowie Kirchenbüchern wurden die Daten zu Ein- und Auswandernden aus (kur-)pfälzischen Ortschaften gesammelt und auf Karteikarten verzeichnet.

Bereits in den frühen 1990er-Jahren – mindestens vor dem Jahr 1991 – wurde eine Digitalisierung der Migrationsdaten angedacht. Kern einer für die damalige Zeit sehr elaborierten Konzeptplanung, die in dieser Form leider nie praktisch umgesetzt wurde, war ein Instituts-interner Datenbankserver, über welchen die Nutzerinnen und Nutzer von lokalen Clients Rechercheanfragen stellen können sollten. Bereits damals wurde festgehalten, dass durch eine Digitalisierung der analogen Karteikarten die Suche nach Informationen „nicht wie bisher nur auf die eigentliche Person, sondern auch auf dessen Umfeld möglich“ sei, was wiederum „den Wert der qualitativen Auswertung […] nicht unbeträchtlich“ erhöhe, so das Digitalisierungskonzept. Obwohl auch die Erfassung der Migrationsdaten aufgrund der genannten Vorteile in diese Datenbank verlegt werden sollte, blieb es lediglich bei einem theoretischen Konzept. Eine erste Datenerfassung auf einer eigens entwickelten Plattform, die von 1995 bis 1998 mit einer stark reduzierten Konzeption stattfand, ruhte aus technischen wie personellen Gründen bis in die Mitte der 2000er-Jahre. Sie wurde erst wieder Ende 2004 fortgesetzt und endete erneut Mitte der 2010er-Jahre.

Drei stark mit Ruß geschwärzte Karteikarten auf einem mit "Wei" beschrifteten, ebenfalls verrußten Kartenteiler.
Insbesondere die Raucheinwirkung setzte den Akten sehr zu, sodass sie heute nicht mehr genutzt werden können. (Bild: IPGV)

Brandschäden und neues Digitalisierungskonzept

Beim Institutsbrand von 2019 befand sich die Karteisammlung inmitten des unmittelbaren Brandgeschehens und wurde hierdurch stark in Mitleidenschaft gezogen, sodass eine Recherche in den Originalbeständen nicht mehr möglich ist. Besonders die Raucheinwirkung setzte den Karteikarten und führte zu irreversiblen Schäden. Eine Rettung der Karteikarten erfolgte durch die Erstellung von Bilddigitalisaten. Während die Modernisierung der Digitalisierungsarbeiten bereits vor dem Brand von der ab 2017 das Institut leitenden Direktorin Dr. Sabine Klapp initiiert wurde, wurden diese Arbeiten nach dem Brand forciert, um die Recherche in den Daten trotz der Unbenutzbarkeit der Karteikarten wieder zu ermöglichen. Die grundlegende Neuentwicklung der Datenbankstruktur, die Überführung der bereits generierten Daten in diese und die Erstellung einer Rechercheplattform übernahm hierbei der seit 2021 am Institut für die Digitalisierung und digitale Erschließung zuständige wissenschaftliche Mitarbeiter Dr. Maximilian Lässig. Seit November 2023 kann die Karteikartensammlung des IPGV als Betaversion der Digitalen Migrationskartei frei genutzt werden. Weitere Informationen zu diesem Projekt finden Sie hier oder direkt auf der Seite der Digitalen Migrationskartei auf migration.pfalzgeschichte.de.