Die weite Welt in Farbe

Vor 50 Jahren: Der Pfälzer Walter Bruch stellt sein PAL-Farbfernsehsystem vor

Veröffentlicht am 10. Januar 2013
Photographie von Walter Bruch im Anzug, neben einem aufgeschraubten Farbfernseher.
Walter Bruch; Stadtarchiv Neustadt an der Weinstraße

Flachbildschirme, HDTV, 3D-Filme – die Fernsehindustrie überschlug sich in den vergangenen Jahren geradezu mit neuen Geräten und Technologien. Dabei ist es noch nicht allzu lange her, als schwarz-weiße Bilder, welche in deutschen Wohnzimmern über die Bildschirme flimmerten, die Regel waren. Bis heute unvergessen ist die Szene, in welcher der damalige Vizekanzler Willy Brandt am 25. August 1967 symbolisch das Zeitalter des Farbfernsehens in Deutschland einläutete: Als er um 10:57 Uhr vor laufender Übertragung eine große rote Schalterattrappe betätigte und damit den „Startschuss für das deutsche Farbfernsehen“ gab, hatte ein ungeduldiger Techniker im Hintergrund bereits einige Sekunden zu früh das Farbsignal auf Sendung geschaltet. Doch trotz dieser kleinen Panne sollten die farbigen Bilder unaufhaltsam ihren Siegeszug antreten. Ein Pionier auf dem Bereich des Fernsehens im Allgemeinen und des Farbfernsehens im Besonderen war der Pfälzer Walter Bruch. Am 3. Januar vor 50 Jahren stellte er das Phase-Alternation-Line-Verfahren, kurz PAL genannt, erstmals einer Expertenrunde vor.

Walter Bruch wurde am 2. März 1908 in Neustadt an der Weinstraße geboren. Zunächst deutete nichts auf sein späteres Wirken als Bahnbrecher des deutschen Farbfernsehens hin. Anfangs noch an einer kaufmännischen Schule, erhielt er jedoch schon bald eine erste technische Ausbildung während seiner Lehre zum Maschinenschlosser in einer Schuhfabrik. Schon früh zog es ihn dann an eine technische Fachschule. Sein Weg führte ihn im Alter von 20 Jahren an das Technikum im sächsischen Mittweida, gefolgt von einem Aufenthalt als Gasthörer an der Universität Berlin. Seit 1935 arbeitete er schließlich als Techniker im Unternehmen Telefunken in Berlin, wo er ein Jahr später bei den Olympischen Spielen auch an der Übertragung des Großereignisses teilhatte. Als die Technik größtenteils in den Dienst des Krieges trat, wirkte auch Walter Bruch als Betreuer einer industriellen Fernsehanlage zur Überwachung von Starts der „Wunderwaffe“ V2 in gewissem Maße mit.

Nach Ende des Krieges, im Jahre 1950, kehrte er letztendlich zu Telefunken zurück, doch nicht nach Berlin, sondern an jene Stätte, welche bis heute mit der Erfindung des PAL-Systems in Verbindung gebracht wird: Hannover. In der Entwicklungsabteilung für Fernsehempfänger tätig, stand er dem Grundlagenlabor für Empfängertechnik vor, in dem er und seine Mitarbeiter in jahrelanger Arbeit die neue Technologie entwickelten. Das PAL-System war dabei mitnichten die erste Technik, mit der Fernsehen in Farbe möglich gemacht wurde. In den USA existierten bereits seit 1953 regelmäßige Farbübertragungen, was nicht bedeutet, dass das ganze Land sofort auf die technische Neuerung umsattelte. Die notwendigen, anfangs sehr teuren Geräte konnten sich, ähnlich wie in Deutschland, zunächst nur wenige Menschen leisten, weshalb auf beiden Seiten des Atlantiks von einem sukzessiven Wandlungsprozess gesprochen werden muss. Das dem US-amerikanischen Farbfernsehen zugrunde liegende NTSC-System war natürlich auch Walter Bruch bekannt. Die Arbeit des Teams aus Hannover ist deshalb als Weiterentwicklung der Technik aus den USA zu betrachten, die sich zum Ziel gesetzt hatte, störende Farbton-Fehler, welche beim NTSC-System nur mühsam abzustellen waren, automatisch auszugleichen. Das gelang der Gruppe um Walter Bruch: Ihre Besserungen ermöglichten eine fortan bessere Bildqualität.

Qualität allein reichte in den Jahren nach der erstmaligen Vorführung allerdings noch nicht aus. Neben dem NTSC-System in Amerika gab es auch auf dem europäischen Kontinent einen Konkurrenten, gegen den es sich zu behaupten galt: Die aus Frankreich stammende SECAM-Norm. Im entstehenden Konkurrenzkampf der drei Systeme spielten neben wirtschaftlichen Aspekten der späten Nachkriegszeit entsprechend auch politische Überlegungen eine Rolle. So überrascht es nicht, dass SECAM neben Frankreich vor allem in Ostblockländern und einigen Staaten des afrikanischen Kontinents übernommen wurde. Doch in Europa und weiten Teilen der übrigen Welt konnte sich das deutsche PAL-System letztendlich durchsetzen. Nicht unbeachtet sollte man es jedoch lassen, dass die weltweite Farbfernsehübertragung bis zum heutigen Tage dreigeteilt ist.

Walter Bruch überlebte den Kalten Krieg und starb am 5. Mai 1990 in Hannover. Es ist umstritten, welchen genauen Anteil er an der Entwicklung des von ihm repräsentierten Systems hatte. Als dessen Botschafter gilt er jedoch auch heute noch als das „Gesicht“ des deutschen Farbfernsehens, für die Verbreitung des PAL-Systems setzte er sich unermüdlich ein. Auf die Frage nach der Herkunft dieses Namens antwortete er humorvoll, dass man ein „Bruch-System“ den Leuten schwerlich zumuten könne. Unbestritten bleibt, dass Walter Bruch geborener Pfälzer war. Und ein Pfälzer war es schließlich, der vor 50 Jahren eine unter seiner Regie entwickelte und bis heute gebräuchliche Technik der Welt vorstellte. Der Rest ist Geschichte.

Dominik Lederle


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