Morgenröte des Pfälzer Parlaments

Vor 210 Jahren: Einsetzung des Generalrats des Departements Donnersberg

Veröffentlicht am 10. Januar 2010
Historische Karte des Departement du Mont-Tonerre aus dem frühen 19. Jahrhundert
„Département du Mont-Tonnerre“, zeitgenössische Karte (Bildquelle: Wikipedia).

Seit dem am 17. Oktober 1797 auf Schloss Campo Formio (Italien) zwischen Österreich und Frankreich geschlossenen Friedensvertrag war die Abtretung eines Großteils der linksrheinischen Gebiete an die französische Republik – wenn auch im Geheimen – beschlossene Sache. Das von französischen Truppen besetzte linke Rheinufer, darunter auch die pfälzischen Lande, wurde in der Folge von Frankreich annektiert, schon im Januar 1798 in vier Verwaltungseinheiten (franz. „Départements“) eingeteilt und mit Verwaltungs- und Gerichtsbehörden ausgestattet. Der überwiegende Teil der heutigen Pfalz gehörte zum „Département du Mont-Tonnerre“ (Departement Donnersberg).

Mit dem zugehörigen rheinhessischen Gebiet reichte das Donnersberg-Departement bis zum Rheinknie nördlich Mainz, das Hauptort wurde. Die Departements-Grenze im Osten und Nordosten bildete der Rhein, im Nordwesten die Nahe, im Westen Glan und Blies, im Süden die Queich. Namensgeber war der etwa in der Mitte des Departements gelegene Donnersberg als höchste Erhebung des Verwaltungsbezirks. Die pfälzischen Gebiete südlich der Queich und westlich von Glan und Blies wurden den Departements Niederrhein (Département du Bas-Rhin), Mosel (Département de la Moselle), Saar (Département de la Sarre) und Rhein-Mosel (Département du Rhin-Moselle) zugeschlagen.

Im Zuge einer Neuordnung des Verwaltungssystems in ganz Frankreich wurde auch in den vier deutschen Departements auf dem linken Rheinufer am 14. Mai 1800 (24. Floreal VIII) das sogenannte Präfektursystem eingeführt. Fortan unterstanden die Departements einem Präfekten, zu dessen administrativer Unterstützung der Präfekturrat und der Departementalrat geschaffen wurden. Im November 1800 wurde auch im Departement Donnersberg ein Departemental- bzw. Generalrat (Conseil général du département du Mont-Tonnerre) gebildet und bald darauf einberufen.

Der Generalrat des Donnerberg-Departements war gleichsam Vorläufer und Vorbild für den nach dem Übergang des pfälzischen Gebiets an das Königreich Bayern 1816 geschaffenen „Landrath“. Letzterer wiederum ist Vorvorgänger des heutigen Bezirkstags der Pfalz. Allerdings ist in dem im Jahr 1800 geschaffenen Generalrat lediglich ein Hilfsorgan des Staates zu sehen, wie die jüngere Forschung herausgearbeitet hat. Dies wird an der Tatsache festgemacht, dass der Generalrat über keinerlei Selbstverwaltungskompetenzen verfügte. Einmal im Jahr trat er für höchstens 15 Tage zusammen und hatte sich vor allem mit der Verteilung der vom Departement zu entrichtenden Steuern auf die einzelnen Arrondissements zu befassen. Zudem oblag es ihm, über die Höhe der Steuerzuschläge zu entscheiden und die hierüber jährlich vom Präfekten zu erstattende Rechnungslegung entgegenzunehmen. Ferner hatte er das Recht, Bedürfnisse des Departements zu artikulieren. Allerdings verhallten die diesbezüglich vom Generalrat geäußerten Wünsche und Verbesserungsvorschläge auf französischer Seite meist ungehört.

Ölgemälde von Napoleon im Ganzkörperporträt in Uniform.
Napoléon Bonaparte (1769-1821) (Bildquelle: Wikipedia).

Die 20 Mitglieder des Generalrats wurden vom Ersten Konsul, dem auf eine Diktatur hinarbeitenden Napoléon Bonaparte, ernannt und rekrutierten sich aus einem Kreis vermögender Personen. Diese wurden anhand einer von den Kommunalnotabeln aufgestellten Vorschlagsliste der 600 Höchstbesteuerten ausgewählt. In der Zeit seines Bestehens, also von 1800 bis 1813, war der Generalrat mehrfach wegen Nichterscheinens seiner Mitglieder beschlussunfähig, obwohl Napoléon Bonaparte, seit 1804 Kaiser, die vakanten Ratsposten nach Gutdünken vergab. Die Absenz der Ratsmitglieder wird im Allgemeinen mit der Enttäuschung über die Nichtberücksichtung der vom Generalrat geäußerten Wünsche, Beschwerden und verabschiedeten Anträge erklärt.

Nach dem Übergang der saar-pfälzischen Region, der „überrheinischen Lande“, an Bayern versprach König Maximilian I. Joseph am 16. Juni 1816, die dort von den Franzosen etablierten Verwaltungsstrukturen nach den bestehenden Normen weiter bestehen zu lassen. Damit erhielt auch der Generalrat unter dem neuen Namen „Landrath“ eine Bestandsgarantie. Jedoch befanden sich unter den Mitgliedern des neuen „Landraths“ gerade mal zwei Personen, die noch 1813 dem Generalrat angehört hatten.

Im Gegensatz zu dem von den Franzosen geschaffenen Generalrat wird der von den Bayern eingesetzte „Landrath“ hinsichtlich seiner Selbstverwaltungskompetenzen von der Forschung positiver beurteilt. „Landrath“ und bayerischer Regierung wird in Abgrenzung zur Franzosenzeit „ein ernster Wille zu konstruktiver Zusammenarbeit“ (Hans Fenske) attestiert. Allerdings handelte es sich auch beim „Landrath“ zunächst um eine rein staatliche Institution, die aber immerhin die Saat für eine erste Form der Selbstverwaltung legte. Der bayerische Monarch und seine Staatsregierung begegneten der Tätigkeit des „Landraths“ mit Wohlwollen und erkannten dem Gremium alsbald die Funktion einer wichtigen und notwendigen Vertretung der Belange des „Rheinkreises“ (seit 1838 „Rheinpfalz“) zu. Der „Landrath“ fungierte gleichsam als Vorbild und Namenspate für die 1828 im gesamten Königreich Bayern eingeführten „Landräthe“.

Da der 1816 von den Bayern geschaffene „Landrath“ erste Ansätze kommunaler Selbstverwaltung ausprägte, wird in ihm, und nicht in dem in Sachen Selbstverwaltung wirkungslos gebliebenen Generalrat der Franzosen, der Vorläufer des heutigen Bezirkstags der Pfalz gesehen. Dieser kann im Jahre 2016 auf eine dann 200-jährige Tradition zurückblicken.

Ulrich Burkhart


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