Carl David Weber

Vor 125 Jahren: Carl David Weber, ein bedeutender Pfälzer im amerikanischen Westen, stirbt in Stockton

Veröffentlicht am 10. Januar 2006
Photographie von Carl David Weber mit buschigem Bart und im Anzug

Unter den Männern, die im 19. Jahrhundert Kalifornien prägten, an seiner Unabhängigkeit von Mexiko teil hatten und eine der Großstädte des Goldstaates gründeten, war der Pfälzer Carl David Weber. Er starb vor 125 Jahren, am 4. Mai 1881 in Stockton.

Als ältester Sohn des Pfarrers von Steinwenden, Carl Gottfried Weber und seiner Frau Henriette geb. Geul wurde er am 14. Februar 1814 in Steinwenden geboren. Sein Vater bekleidete in dritter Generation das Amt des reformierten Pfarrers in Steinwenden. Der Großvater Johann Carl Weber (1738-1800) war nicht nur langjähriger Seelsorger seiner Gemeinde, er praktizierte eine moderne Landwirtschaft und legte als Mitbegründer der Kaiserslauterer Bienengesellschaft den Grundstock für die Kameral-Hohe Schule, der ersten Universität der Barbarossastadt.

Carl David war kaum ein Jahr alt, wurde der Vater als Inspektor (Dekan) nach Homburg berufen und die Familie verlegte ihren Wohnsitz dorthin. Carl David Weber besuchte – wie später auch seine nachgeborenen Geschwister – die protestantische Volksschule in Homburg. Anschließend schickten ihn seine Eltern aufs Zweibrücker Gymnasium. Der Familientradition folgend, sollte Carl David Theologie studieren, doch davon wollte der Sohn nichts wissen. Vielmehr war er landwirtschaftlichen und kaufmännischen Fragen zugetan, bewahrte sich daneben aber bis zu seinem Lebensende ein großes Interesse für deutsche und französische Literatur. Dekan Weber ließ seinen Sohn auf dessen Wunsch hin eine kaufmännische Lehre bei dem Kaufmann Scharpff in Homburg absolvieren.

Bei seiner Tante in Steinwenden, die mit dem Nachfolger seines Vaters, dem Pfarrer Carl Martin Engelmann verheiratet war, hatte Carl David Weber bereits 1831 von den Auswanderungsplänen des Imsbacher Forstmeisters Friedrich Theodor Engelmann erfahren, der mit seiner ganzen Familie in die USA überzusiedeln gedachte. Carl David und sein Cousin Theodor Engelmann, der Sohn des Pfarrers, unterhielten sich oft über Amerika und verschlangen regelrecht die seit 1832 eintreffenden Briefe der nach Belleville im US-Bundesstaat Illinois ausgewanderten Verwandten. Im Jahr des Hambacher Festes verspürten beide zudem den reaktionären Druck der bayerischen Regierung. Dekan Weber war den liberalen Ideen der damaligen Zeit gegenüber sehr aufgeschlossen und machte aus seiner Sympathie für die Wortführer dieser Bewegung in Homburg, den vormaligen Landcommissär Philipp Jakob Siebenpfeiffer und den Journalisten Johann Georg August Wirth, keinen Hehl. Aufgrund dessen bezeichnete König Ludwig I. den Dekan als einen “Wolf im Schafspelz” und forderte seine Entlassung.

1835 wanderte schließlich auch Theodor Engelmanns Patenonkel, der Zweibrücker Appellationsgerichtsrat Theodor Erasmus Hilgard (1790-1872) mit seiner Familie aus politischen Gründen nach Illinois aus. Auch seine Briefe wurden von Theodor Engelmann und Carl David Weber mit Begeisterung gelesen. Es dauerte nicht lange, packte das “Auswanderungsfieber” auch die beiden jungen Männer.

Mit Reisepässen versehen, verabschiedeten sie sich im September 1836 von ihren Angehörigen und zogen über Forbach, Paris und Rouen nach Le Havre. Ihr Schiff verließ den französischen Hafen am 2. Oktober 1836. Im Winter desselben Jahres erreichten sie New Orleans. Während Engelmann sogleich seine Reise nach Belleville fortsetzte, blieb Weber in New Orleans. Über seinen Aufenthalt in dieser Stadt und seine Tätigkeit ist wenig bekannt. Zeitweise hielt er sich wohl auch in Texas auf.

Erst im Frühjahr 1841 machte er sich nach St. Louis und Belleville auf. In St. Louis erfuhr er, dass sich einige Leute entschlossen hatten, auf dem Landweg die Reise nach Kalifornien anzutreten. Dieser Gesellschaft, nach ihren beiden Führern “Bidwell-Bartleson-Party” genannt, schloss sich Weber an. Während der anstrengenden Reise, die durch die unwegsamen Gebiete der Sierra Nevada führte, starben einige der anfangs etwa 50 Personen zählenden Gruppe infolge von Erschöpfungen, andere verloren ihre Nerven und gaben auf, so dass die Gesellschaft schließlich nur noch aus 31 Männern, einer Frau und einem Kind bestand. Fast dem Hungertod nahe, erreichten sie nach halbjähriger Reise Ende Oktober 1841 das damals noch mexikanische Kalifornien. Hier stand Weber zunächst einige Zeit als Aufseher im Dienste des legendären “Kaisers von Kalifornien”, Johann August Sutter in Sacramento.

Im Jahre 1842 eröffnete Weber zusammen mit dem Engländer William Gulnac in San Jose ein Kaufhaus und trieb Handel mit Indianern und Mexikanern. Da Weber als Ausländer kein Land erwerben konnte, beauftragte er Gulnac, der die mexikanische Staatsbürgerschaft besaß, bei dem Gouverneur die Ausstellung eines Landgrants zu erbitten.

Am 13. Januar 1844 erhielt Gulnac ein großes Stück Land (ca. 20.000 Hektar) am östlichen Ufer des San Joaquin-Flusses, das er bald an “Don Carlos Maria Weber” verkaufte. Der protestantische Pfarrersohn war inzwischen zum katholischen Glauben konvertiert, hatte seinen zweiten Vornamen David durch den Namen Maria ersetzt und heiratete Helen Murphy, die Tochter einer aus Irland in den amerikanischen Westen eingewanderten einflussreichen katholischen Familie.

Im Jahre 1847 erbaute Weber hier die ersten Wohngebäude, Ställe und Rodeoplätze, in der Hoffnung, Siedler zu gewinnen. Im amerikanisch-mexikanischen Krieg schlug er sich auf die Seite der USA. Als “Captain” (Hauptmann) führte er ein Regiment.

Nachdem Kalifornien im Jahr 1848 von Mexiko an die Vereinigten Staaten abgetreten worden war und mit dem Einsetzen des “Goldrausches” – nach der Entdeckung von Gold in der Nähe von Sutters Mühle – ließen die Einwanderer und Ansiedler nicht mehr lange auf sich warten. Der kleine Ort, zunächst Tuleburg genannt, später nach dem damals populären Seehelden und Politiker Robert Field Stockton umbenannt – entwickelte sich bald zu einer bedeutenden Stadt.

Als in der Pfalz bekannt wurde, dass ein Landsmann in Kalifornien zu großem Wohlstand gekommen sei und eine Stadt gegründet habe, machten sich zahlreiche Auswanderer nach Stockton auf, zum Teil mit Empfehlungsschreiben versehen, die ihnen Webers Vater, damals Pfarrer in Schwegenheim, ausgestellt hatte. Einigen überließ Weber Grundstücke und half ihnen bei der Etablierung verschiedener Unternehmen.

Die heute fast 200 000 Einwohner zählende Stadt Stockton ist die Metropole und der Hauptumschlagplatz des San-Joaquin-Tales. Sie besitzt Kaliforniens einzigen inländischen Tiefwasserhafen, der durch einen 78 Meilen langen Kanal mit der San-Francisco-Bucht verbunden ist. Auch in kultureller Hinsicht hat sich die Stadt einen Namen gemacht. Neben der University of the Pacific und dem Stockton College beherbergt Stockton ein Theater, ein bekanntes Symphonie-Orchester sowie mehrere Museen und Kunstgalerien. An den Pfälzer Auswanderer erinnern in Stockton noch heute die “Weber-Avenue”, eine der Hauptverkehrsstraßen der Stadt, ein großes Porträt in der City Hall, das Museum im nahe gelegenen Lodi und ein neues Stadtviertel: “Weberstown”.

Roland Paul


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